Geschichte erarbeiten und bewahren

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Im Saal des Drei Könige in Sevelen führte die Gesellschaft für Werdenberger Geschichte und Landeskunde ihre Jahresversammlung durch. Referent Werner Hagmann fesselte mit Einblicken in sein ehrenamtliches Wirken.
Bericht: René Lehnherr

Die Gesellschaft für Werdenberger Geschichte und Landeskunde (WGL) unter der Leitung von Edi Neuhaus lud letzte Woche zur Mitgliederversammlung 2025. Im Tätigkeitsbericht 2024 schaute der Seveler auf die Arbeiten und Schwerpunkte des ersten Jahres nach der Neuformierung des Vorstands zurück. Die WGL setzt sich zum Ziel, aktiv das historische Vermächtnis der Region zu bewahren, aufzuarbeiten und für die Menschen im Werdenberg zugänglich zu machen. Edi Neuhaus zeigte sich überzeugt, dass eine geschichtlich informierte, interessierte und aktiv mitdenkende Bevölkerung die Gegenwart besser verstehen kann. Derzeit wird ein WGL-Redaktionsteam aufgebaut, welches in Absprache mit dem Vorstand die Herausgabe von Publikationen initiiert und betreut. Forschung und Resultate sollen an Mitglieder und an die Öffentlichkeit verbreitet werden.

Neuformierter Vorstand baut WGL auf

Im Berichtsjahr endete der Effort der Arbeitsgruppe „Transformation WGL“. Edi Neuhaus dankte an dieser Stelle Jürg Gabathuler für seinen beharrlichen Einsatz bei der Neuaufstellung der Gesellschaft. Weiters erwähnte der Präsident in seinem Jahresüberblick die gestartete Vorstandsarbeit sowie die eingeführte Ressortaufteilung. Der Bereich „Digitales“ werde etabliert und der Verein WGL sichtbarer. Die Frage eines Vereinsmitglieds bezüglich Einbindung von zeitgemässen online-Plattformen wurde bejaht. Social-Media-Kanäle sind laut Vorstandsmitglied Hanspeter Dürr, ergänzend zur Website, in Planung.

Im Oktober 2024 unterstützte die WGL eine öffentliche Lesung in Grabs mit Walter Morgenthaler zu seinem Buch „Das Dorf – ein Bericht“. Den November-Spaziergang zur Grabser Namenswelt begleitete Professor Hans Stricker. Im Februar 2025 fand eine WGL-Spezialführung durch die Festung Magletsch statt.
Sämtliche Geschäfte und Anträge – insbesondere die von Vorstandsmitglied Xaver Schneggenburger präsentierten Finanzauskünfte – wurden einstimmig gutgeheissen. Edi Neuhaus dankte nach seinem ersten Präsidialjahr den politischen Gemeinden der Region Werdenberg für die geschätzte Unterstützung und die hiermit erteilte Würdigung der WGL-Arbeiten.

Mitgliederaktivitäten ausbauen

Das Jahr 2025 bietet am 25. Mai eine öffentliche Begehung zur Thematik „Rhein, Werdenberger Binnenkanal – Bewässerungssysteme und Hochwasserschutz damals und heute“ mit Christian Göldi (Treffpunkt um 13.30 Uhr bei der Raststätte Rheintal). Im Sommer ist eine Führung mit Workshop im Schloss Werdenberg für Familien geplant. Ein Höhepunkt im Vereinsjahr folgt vom 5. bis 7. September, wobei die WGL aktiv das Jubiläum „800 Jahre Burg Wartau“ unterstützt und bei Fest sowie Publikationen für Kinder, Schulen und Erwachsene mitwirkt. WGL-Mitglied Hansjakob Gabathuler wird anlässlich der Feierlichkeiten den ersten seiner zwei Bände zur Burg Wartau veröffentlichen. Angesprochen auf den aktuellen Stand seiner Arbeiten erwähnte der Autor kurz und knapp, dass ihm gelegen käme, wenn die Burg erst zwei oder drei Jahre später erbaut worden wäre.

Geschichte und Geschichten leben

Maja Suenderhauf präsentierte die bereits laufenden Projekte, so den „Friedhof der vergessenen Geschichten“. Mitglieder oder Schreibende sind aufgerufen, ihre Gedanken und Geschichten zur Verfügung zu stellen. Seitens WGL werden sie auf der Website veröffentlicht, ebenso wird redaktionelle Unterstützung zugesichert. Das Fachwissen der WGL-Mitglieder wird zudem bei der Aufarbeitung und Sicherung von Nachlässen angeboten. Gemeinden oder Privatpersonen, die in ihrem Umfeld auf Güter oder alte Dokumente stossen, können sich seitens WGL eine Fachmeinung zur Relevanz der Funde einholen. Hiermit geht auch das WGL-Ziel einher, sich als Anlauf- und Koordinationsstelle bei der Sicherung sowie der Vermittlung und Zugänglichmachung von gefährdetem beweglichen Kulturgut zu etablieren.

Alter Plunder oder toller Fund?

Im zweiten Teil der Versammlung knüpfe der gebürtige Seveler Werner Hagmann, Archivar in Zürich, bei verborgenen Schätzen an und bot einen Blick in seine „Kulturgüter-Werkstatt“. Der Historiker referierte mit Herzblut über Beispiele und Funde aus Sevelen sowie der Region. Er setzt sich hartnäckig und umtriebig dafür ein, Kulturgüter zu finden, zu erforschen sowie für die Nachwelt am richtigen Ort langfristig zu sichern.

Zum kulturhistorischen Erbe der Region gehören überlieferte Schriften und audiovisuelle Medien, Gegenstände oder Möbel aus früheren Zeiten sowie historische Bauten. Vielfach beschäftigt sich Werner Hagmann mit Nachlässen aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Der Einsatz gestaltet sich unentgeltlich und unabhängig, aber immer mit viel Fingerspitzengefühl. Es stellt sich die Frage, wie man Kulturgüter findet, bestenfalls Unikate, und vor allem, wie man Zugang zu den Schätzen erhält.

Werner Hagmann blickt auf viel Erfahrung zurück. Aufgewachsen in der Histengass und somit im historischen Zentrum von Sevelen, verbrachte er viel Zeit im Estrich des Elternhauses, welches früher das Arzthaus war und noch Schriften und Inventar aus der Doktorzeit zum Entdecken bot. Nach dem Geschichtsstudium an der Uni Zürich und dem Verfassen historischer Bücher mit regionalem Bezug, widmete er sich in der Freizeit den Kulturgütern. Beruflich arbeitet Werner Hagmann im Archiv für Zeitgeschichte an der ETH in Zürich.

Vielseitige Kulturgüter-Vermittlung

Nach der theoretischen Einführung in die Kulturgüter-Faszination illustrierte der Seveler seine Ausführungen mit zahlreichen Beispielen, welche sein grosses Engagement abbilden. Zu Beginn war der Nachlass von Ulrich Friedrich Hagmann, der seinen Lebensabend in Locarno verbrachte und viele Dokumente und Seveler Kulturgüter in seinem Besitz hatte. Werner Hagmann konnte einiges davon sichern und wieder nach Sevelen rückführen. Er verwies beispielsweise auf die Sulzberger Chronik mit geschichtlichen Überlieferungen zur Gemeinde, die Pfarrer Sulzberger während dem 19. Jahrhundert handschriftlich aufzeichnete . 

Die Arbeit von Werner Hagmann ist aufwändig, die Vorgehensweise vielfach mit Bedacht. Es geht darum, Vertrauen zu Personen aufzubauen, sie zu sensibilisieren und vielleicht dazu zu bringen, historische Dokumente und Gegenstände für die Nachwelt zu sichern. Hierbei stehen persönliches Loslassen und viele Erinnerungen zu nahen Familienmitgliedern im Zentrum. Ältere Sevelerinnen und Seveler kannten die Personen noch, welche Werner Hagmann erwähnte. Der Vortragende konnte jedoch nicht verhehlen, dass ihn die offensichtliche Vernichtung von Kulturgut in der Gesellschaft ab und an beschäftigt.